Ass.-Prof. Dr. Werner Gabriel (2023)

Nachruf Werner Gabriel

Am 14. Januar 2023 ist Ass.Prof. i.R. Dr. Werner Gabriel völlig unerwartet im 82sten Lebensjahr verstorben. In Wien am 2. Oktober 1941 geboren, studierte Werner Gabriel Philosophie, Psychologie, Geschichte und Pädagogik an den Universitäten Heidelberg, München und Wien, wo er im Jahr 1973 mit der Dissertation ‚Zum Begriff der Erfahrung beim späten Schelling‘ promovierte. Im gleichen Jahr begann er das Studium der chinesischen Sprache am Institut für Sinologie der Universität Wien, das er 1975 – 1977 am Spracheninstitut Beijing und an der Fudan-Universität in Schanghai fortsetzte. Nach kurzfristigen Beschäftigungen als Assistent und Lektor an der kath.-theologischen Fakultät, wirkte Gabriel mehr als vier Jahrzehnte am Institut für Philosophie der Universität Wien: ab 1979 als Lektor für chinesische Philosophie, ab 1984 als Assistent und später Assistenzprofessor, ab 2006 im Ruhestand, setzte er die Lehrtätigkeit bis zum WS 2020 fort. Sein institutspolitisches Engagement und die Wertschätzung von Seiten seiner Kollegen sind durch seine langjährigen Funktionen als Vorsitzender der Studienkommission Philosophie (1992 – 2000) und Stellvertretender Vorstand des Instituts (2000 – 2004) dokumentiert.

Wie der von ihm gemeinsam mit Stephan Haltmayer herausgegebene Sammelband ‚Abschaffung der freien Universität?‘ (2000) belegt, bereitete ihm die zunehmende Bürokratisierung, Ökonomisierung und Verschulung des Universitätsbetriebs Sorge. Ihr begegnete er als unermüdlicher Brückenbauer auf universitärer wie außeruniversitärer Ebene: mit Vorträgen und Vortragsreisen in Europa, Asien (China, Japan, Korea, Mongolei), Afrika (Tunesien) und Lateinamerika (Mexiko); als Verhandler und Mitunterzeichner des Kooperationsabkommens zwischen der Universität Toluca (Mexico) und dem Institut für Philosophie der Universität Wien (2003); als Mitbegründer (mit Hisaki Hashi) des Forums für interkulturell-vergleichende Philosophie (1998); als Mitbegründer des 1. Wiener Philosophencafés (1996), das er über 26 Jahre mit großem Geschick leitete.

Aufgrund seiner Leidenschaft für das Denken, weitgespannter Interessen und beharrlich angeeigneter umfassender Bildung, seiner weltbürgerlichen Gesinnung und Humanität, die das Wissen um die Gebrechlichkeit der conditio humana mit Geduld und Humor ertrug, verkörperte Werner Gabriel in seiner Person das Humboldtsche Bildungsideal. Die Unbeirrbarkeit und Unbestechlichkeit mit der Werner Gabriel diesem Ideal folgte und die unaufdringliche und unprätentiöse Weise in der er es zu vermitteln verstand, bleiben unvergessen. Er wird uns fehlen.

-Kurt Walter Zeidler

Parte